"Das sind doch sowieso wieder nur Übungswehen..."   

Meine beiden ersten Kinder kamen beide in der 40 SSW. 
Ich ging deshalb davon aus, dass unser drittes Kind auch etwas vor dem Termin kommen wird. Daraus wurde nichts. Die Dritten machen wohl doch alles etwas anders, das habe ich schon öfter gehört. 
Zwei Tage nach dem errechneten Termin wurde ich ungeduldig und fragte mich, wann das Baby kommen will. Ich schrieb noch einer Freundin, dass ich glaube, dass es noch dauert, bis das Baby kommt.
Ich hatte in der Nacht davor wieder wenig geschlafen und macht deshalb mit den beiden "Großen" einen gemütlichen Morgen im Bett. 
Dabei hatte ich immer mal wieder vereinzelt eine Wehe, was mir aber aufgrund der Übungs- & Senkwehen die letzten Wochen nicht unbekannt war und deshalb habe ich mir auch nichts weiter dabei gedacht. 

Um 11:45 Uhr wollte meine große Tochter runter zu Opa, so konnte ich meinen Sohn in Ruhe zum Mittagschlaf stillen. Beim Stillen bekam ich wieder die mir bereits bekannten Übungswehen und war mir sicher, nach spätestens 30 Minuten sind diese wieder verschwunden, so wie jedes Mal, wenn ich meinen Sohn zum Schlafen gestillt hab. 
Doch die vermeintlichen Übungswehen blieben, mit Abständen von ca. 6-12 Minuten.
Dann dachte ich gut wenn mein Sohn wieder wach wird und meine Tochter hochkommt, verschwinden sie, ich war mir doch die ganze Zeit sicher, bei dem Trubel würde die Geburt abends oder nachts beginnen. 
Ich "trackte" die Wehen und schrieb meinem Mann er soll vorsichtshalber etwas früher Feierabend machen, damit er noch einkaufen gehen kann, falls es doch losgeht, das war nämlich eigentlich unser Plan für mittags. 
Nach wie vor glaubte ich an Übungswehen, die zwar etwas schmerzhafter waren, aber noch lange nicht so schmerzhaft, wie die mir bekannten Geburtswehen.  

Um 14 Uhr ist mein Schwiegervater zu dem Geburtstag seiner Schwester, deshalb kam die Große wieder hoch und auch der Kleine war wieder wach, aber die Wehen blieben weiterhin.   Ich schrieb vorsichtshalber mal Saskia wie es ausschaut, dass ich aber eher von Übungswehen ausgehe, ich sie aber mal "vorwarnen" wollte, weil sie an dem Tag in Tübingen war. 
Ich schrieb, dass ich mich bei Veränderung melde.

Gegen 14:45 Uhr kam mein Mann heim und ich schickte ihn mit dem Kleinen noch einkaufen. 
Die Große blieb bei mir und wir schauten einen Disney Film. 
Ich musste die Wehen nach wie vor nicht veratmen o.ä. 
Zum ersten Mal kam mir in den Sinn, ob es nicht vielleicht doch Geburtswehen sein konnten.
Mich verunsicherte vor allem, dass ich weder den Schleimpfropf verloren noch eine Zeichnungsblutung hatte. Bei meinen anderen beiden Kindern hat nämlich so die Geburt begonnen, deshalb habe ich da irgendwie drauf gewartet.

Um 15:30 Uhr ca. kam mein Mann wieder vom Einkaufen nach Hause und wurde doch etwas "nervös". Er fragte mich, ob wir nicht doch seinen Vater anrufen sollen, dass er sich um die Kinder kümmert. Also rief er ihn an und sagte, dass wir uns nicht sicher sind, ob es losgeht und ob er vorsichtshalber nach den Kindern schauen kann. Also holte er sie ab und ging wieder mit ihnen auf den Geburtstag seiner Schwester. 

Um 16:30 Uhr schrieb ich Saskia wie der Stand der Dinge ist: Wehen ca. alle 3-6 Minuten langsam auch wirklich schmerzhafter, so dass ich nicht mehr liegen konnte während den Wehen. 
Ich schrieb wir machen jetzt ein Fußbad und schauen dann Mal weiter. Ich denke aber mittlerweile, dass es keine Übungswehen mehr sind. Das Fußbad hatte seine Wirkung und die Wehen kamen danach ca. alle drei Minuten sehr kräftig und ich musste anfangen dabei zu tönen. Da wurde mir dann vollkommen klar, dass wir unser kleines Mädchen bald in den Armen halten werden. 
Wie bald hätte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen können.

Mein Mann meinte dann, er ruft jetzt Saskia an und ich bejahte. 

Es war zwischen 16:45 Uhr und 17 Uhr als mein Mann Saskia anrief, und sie machte sich auf den Weg. Zeitgleich schrieb ich um 17 Uhr unserer Fotografin, dass sie sich auf den Weg machen kann. Die Wehen wurden jetzt nochmal deutlich kräftiger und intensiver. 
Bisher saß ich während den Wehenpausen beckenkreisend auf dem Gymnastikball und während den Wehen stand ich auf und stützte mich an unserem Holzbalken ab.
Das Stehen war mir aber zu anstrengend und deshalb kniete ich mich vor das Bett in den Vierfüßlerstand und während den Wehenpausen legte ich meinen Kopf auf ein Kissen und konnte so während den Pausen ganz gut entspannen.  
Irgendwann, ich denke so zwischen 17:30 und 17:45 Uhr sagte ich zu meinem Mann, das Kind (und die nach wie vor intakte Fruchtblase) drückt bei den Wehen so nach unten und ich spürte schon einen leichten Drang mitzuschieben. 
Um ca. 17:45 Uhr kam unsere Fotografin und um ca. 18 Uhr kam dann auch Saskia an. Ich war weiterhin dabei die Wehen zu vertönen und bekam um mich rum gar nicht viel mit.  Saskia hörte nach dem sie ankam die Herztöne vom Baby ab.   Ich sagte das erste Mal, dass ich nicht mehr kann und nicht mehr will. 

Saskia fragte mich, ob ich in die Badewanne möchte, weil es mein Wunsch war unser drittes Kind genauso wie unser zweites wieder im Wasser zur Welt zu bringen. Ich wusste es aber nicht so genau, ob ich wollte oder nicht und sagte irgendwas vor mich hin, mein Mann verstand ein "Ja" und befüllte die Wanne mit Wasser.   Währenddessen veränderten sich die Wehen plötzlich, der Druck und das Ziehen im Unterleib wurden weniger und der Druck nach unten, begleitet von einem Brennen, immer größer. Ich fragte Saskia ob ich dem einfach nachgeben kann, weil mir alles plötzlich so schnell vorkam. 
" Wenn der Druck da ist, kannst du das auf jeden Fall machen, wenn sich in einer Stunde noch nichts verändert hat, schauen wir weiter." Das war vermutlich genau der Zuspruch, den ich noch gebraucht habe und gleichzeitig dachte ich: Ohje hoffentlich nicht noch eine Stunde.
Ich stand auf, um in Richtung Bad zu laufen, weil ich nun doch in die Badewanne wollte, nachdem Saskia mich nochmal gefragt hat. 
Es kam wieder eine Wehe und ich hielt mich an unserer Kommode fest. 

Ich wusste in dem Moment, ich lauf nirgends mehr hin, den Weg zur Badewanne spar ich mir, das wird nichts mehr. 
Mein Mann brachte noch einen kühlen Waschlappen, das war sehr angenehm.
Ich stand immer noch an unserer Kommode und fing das erste Mal an mitzuschieben. 
Dann platzte um 18:29 Uhr die Fruchtblase. Das Fruchtwasser war sehr grün und nur noch wenig vorhanden. Bei der nächsten Wehe ging ich ganz tief in die Hocke.  Ich spürte wieder ganz stark den "Ring of fire" und wusste jetzt ist es gleich geschafft. 

Um 18:30 Uhr, nur zwei Wehen später, war unsere zweite Tochter geboren. 
Direkt nach dem Kopf kam auch schon der restliche Körper hinterher. 
Wie ihre große Schwester hatte auch die Kleine die Hand an der Backe. 
Sie schrie sofort wie eine Große und zeigte der Welt lautstark "Hallo hier bin ich!". 
Ich konnte es überhaupt nicht glauben, dass unser Baby nun doch so schnell zu uns kommen wollte, nachdem ich morgens noch dachte, das wird heute auch wieder nichts. 

So viel also zum Thema: 
"Das sind doch sowieso wieder nur Übungswehen."